Weltweite. Dem Reporter Georg Brunold zum Sechzigsten

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.01.2013, Nr. 12, S. 28

Der Titel ist gut gewählt: Nichts als die Welt, das kündet programmatisch von der Selbstverpflichtung des Reporters auf die authentische Beschreibung der Realität und lässt zugleich in unverhüllter Unbescheidenheit erkennen, wie großzügig man sich den Rahmen der eigenen Tätigkeit vorstellt: Journalismus, Reportage, Reiseliteratur als weltumspannendes Unterfangen.

Dabei hat Georg Brunold, der in Zürich mit einer wissenschaftstheoretischen Arbeit zum Doktor der Philosophie promoviert wurde, den subjektiven Faktor seines Handwerks nie verheimlicht. «Dafür, dass selbst die Reportage fabuliert, sorgt ihr Stoff», schreibt er in dem von ihm herausgegebenen Kompendium, das mehr als 160 Augenzeugenberichte aus zweieinhalbtausend Jahren versammelt, von Herodot und Polybios über Marco Polo, Kolumbus und Defoe bis zu Primo Levi, Martha Gellhorn und Margret Boveri. Brunolds Textsammlung, vor vier Jahren als großformatiger Prachtwälzer erschienen, ist eine faszinierende Lektüre und ein Bekenntnis des Herausgebers in eigener Sache: Seit den achtziger Jahren hat er als Korrespondent und Reporter der «Neuen Zürcher Zeitung» aus Ägypten und Marokko berichtet, bevor er 1991 für sein Blatt nach Nairobi ging. Drei Jahre später erschien in der damals noch von Hans Magnus Enzensberger betreuten «Anderen Bibliothek» unter dem Titel Afrika gibt es nicht eine Sammlung eigener Reportagen und Essays aus mehr als dreißig afrikanischen Staaten. Sie zeigen, was dem Autor Brunold wichtig ist: den verbreiteten Klischees die eigenen Befunde entgegenzuhalten, die eigene Subjektivität nie zu verbergen und doch stets mehr zu bieten als persönliche Impressionen eines weltläufigen Beobachters.

Als Herausgeber, der unter dem Titel Nilfieber (1993) die Geschichte des Wettlaufs zu den Quellen des Nils dokumentierte und zehn Jahre später die Versäumnisse der Weltgemeinschaft angesichts des Völkermords in Ruanda auflistete, blieb Brunold Afrika verbunden. Als Autor hat er sich anderen Themen zugewandt: In einer Art philosophischem Essay behandelte er in Fortuna (2011) die Geschichte von Schicksal und Zufall, in Traumjob (2012) unterzog er die eigene Profession einer kritischen Rückschau. Mittlerweile lebt Georg Brunold wieder in seinem Heimatort Arosa. Heute wird er sechzig Jahre alt.
igl

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